Ob in der Zahnreihe oder im Lebenslauf, Lücken werden üblicherweise als Problem wahrgenommen. So auch die Suwalki-Lücke. Eine beinahe poetische Bezeichnung für etwas so Prosaisches wie eine Grenze zwischen EU-Ländern, die zwischen Polen und Litauen nämlich. Benannt ist die Lücke nach der grenznahen polnischen Stadt Suwałki.
Die 65 Kilometer sind nicht nur Litauens Landverbindung zum Rest der EU und zu den Nato-Partnern, sondern zugleich des gesamten Baltikums, also auch Lettlands und Estlands. Positiv gesprochen ist die Lücke das Tor zum Westen. Negativ betrachtet ist dieses Tor ein Nadelöhr. Nördlich und südlich begrenzt wird es vom russischen Kaliningrad und von Belarus. Im Verteidigungsfall muss die Nato über diese Grenze Truppen und Panzer ins Baltikum bringen: Zwei Straßen und eine Bahntrasse gibt es. Militärexperten warnen davor, dass Russland und Belarus die Landverbindung besetzen könnten - das Baltikum wäre isoliert. Zumal damit zu rechnen wäre, dass Russland den Seeweg etwa nach Polen abschneiden würde. Die Ostsee-Nachbarn Finnland und Schweden sind ja nicht in der Nato. US-Analysten zufolge wäre eine russische Besetzung der Lücke mehr als eine strategische Drohung: Sie wäre ein Kriegsbeginn.