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Georgiens Wahlen - Wie weiter?

In Georgien hat die pro-russische Regierungspartei die Parlamentswahl gewonnen. Die pro-westliche Opposition erkennt das Ergebnis nicht an. Die Wahl gilt als richtungsweisend für das Land: Wohin führt die neue Regierung das Land - nach Moskau oder doch nach Brüssel? Insgesamt waren rund 3,5 Millionen Georgierinnen und Georgier im In- und Ausland zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag nach bisherigen Angaben bei rund 59 Prozent und somit ca. drei Prozente höher als bei der Wahl 2020. 

Internationale Wahlbeobachter sind der Ansicht, dass vor und während der Abstimmung Druck auf die Wahlberechtigten ausgeübt wurde. Der Urnengang sei durch „Ungleichheiten (zwischen den Kandidaten), Druck und Spannungen“ gestört worden, urteilten die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats, des Europaparlaments und der NATO in einer gemeinsamen Erklärung.

Die Experten beklagten unter anderem Fälle von Einschüchterung der Wähler, Druck auf Behörden, Gewalt gegen Beobachter, Stimmenkauf, Mehrfachabstimmungen und das Stopfen von Wahlzetteln in Urnen. Auswirkungen auf das Ergebnis der Wahl haben diese Feststellungen keine. Die OSZE forderte aber eine Untersuchung.

Wofür steht die Partei „Georgischer Traum“?

Gegründet wurde die Partei im Dezember 2011 vom georgischen Milliardär Bidsina Iwanischwili. Der reichste Mann Georgiens steht mit einem vom „Forbes“-Magazin beziffertem Vermögen von rund 4,5 Milliarden Euro auf Platz 693 der reichsten Menschen der Welt. Iwanischwili hat sein Geld in Russland gemacht. Zunächst handelte er mit Computern, später ging er in den Bankensektor.

Jahrelang hielt er sich im Hintergrund, bezahlte den Wiederaufbau von Kulturgebäuden, finanzierte neue Uniformen für die Armee und Ministergehälter in Georgien, und all das, ohne öffentlich darüber zu reden. 2011 aber wechselte er unerwartet in die Politik – und setzte sich 2012 gegen Staatspräsident Micheil Saakaschwili durch. Große Teile der Bevölkerung sahen ihn damals als Retter. Das lag vor allem daran, dass Saakaschwili mit den Jahren immer autoritärer regierte. Die Opposition wurde unterdrückt und die Menschenrechte verletzt.

Wie kann es nach der Wahl weitergehen?

Premierminister Iraklii Kobachides von der Partei „Georgischer Traum“ sagte im August 2024, die Regierung werde nach der Parlamentswahl versuchen, Teile der Opposition zu verbieten. Nach den Ergebnissen der Wahlkommission könnte seine Partei mit 91 der 150 Sitze im Parlament rechnen. Damit würde sie jedoch die angestrebte Mehrheit von 113 Sitzen verfehlen, mit der sie ein Verbot aller wichtigen Oppositionsparteien per Verfassung durchsetzen wollte. Zugleich bekräftigte Kobachidse nach der Wahl seinen Willen zum EU-Beitritt. Nach den Spannungen der vergangenen Monate erwarte er einen „Neustart der Beziehungen“ mit der EU, ergänzte er.
 
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