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COP30 in Belém - Weltklimakonferenz 2025

Im November 2025 werden die Augen der Welt auf Belém, Brasilien, gerichtet sein. Die Stadt am Rande des Amazonas-Regenwaldes ist Gastgeberin der 30. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen – kurz COP30.

Diese Konferenz ist weit mehr als nur ein weiteres Treffen von Politikern und Diplomaten. Sie markiert einen kritischen Meilenstein im globalen Kampf gegen die Klimakrise. Nach der ersten globalen Bestandsaufnahme auf der COP28 in Dubai, die schonungslos aufzeigte, wie weit die Welt von ihren Zielen entfernt ist, steht die COP30 unter enormem Erwartungsdruck. Es ist der Moment, in dem Worte in die nächste, entscheidende Runde von Taten umgesetzt werden müssen. Die symbolische Wahl des Veranstaltungsortes unterstreicht die Dringlichkeit: Im Herzen der „grünen Lunge“ unseres Planeten muss die Weltgemeinschaft beweisen, dass sie den Pariser Klimavertrag ernst nimmt. Doch was genau steht auf dem Spiel und welche Ergebnisse können wir realistischerweise erwarten?

Die Stunde der Wahrheit: Die neuen nationalen Klimaziele (NDCs)

Das Herzstück der COP30 wird zweifellos die Vorlage der neuen national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) sein. Diese Klimapläne sind das Kerninstrument des Pariser Abkommens. Jedes Land legt darin seine eigenen Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an die Klimafolgen fest. Der Zyklus von 2025 ist von besonderer Bedeutung, da die Länder aufgefordert sind, ihre ersten Pläne, die bis 2030 reichten, durch neue, weitaus ehrgeizigere Ziele für den Zeitraum bis 2035 zu ersetzen. Dies ist die erste große Bewährungsprobe nach der globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake), die auf der COP28 zu dem Ergebnis kam, dass die bisherigen Zusagen bei weitem nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Was bedeutet „ehrgeiziger“ in diesem Kontext? Es geht nicht nur um prozentuale Reduktionsziele. Die neuen NDCs müssen umfassender sein und alle Sektoren einer Volkswirtschaft abdecken, einschließlich Industrie, Landwirtschaft, Verkehr und Energie. Sie müssen klare, transparente und nachvollziehbare Strategien enthalten, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Wissenschaftler des Weltklimarats (IPCC) haben deutlich gemacht, dass die globalen Emissionen bis 2030 um 43 % gegenüber 2019 sinken müssen, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Die auf der COP30 vorgelegten NDCs werden zeigen, ob die Nationen bereit sind, diesen drastischen, aber notwendigen Kurswechsel einzuschlagen. Die Erwartung ist, dass insbesondere die großen Emittenten wie China, die USA, die Europäische Union und Indien mit gutem Beispiel vorangehen und Pläne vorlegen, die einen schnellen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien vorsehen.

Klimafinanzierung im Fokus: Das neue Billionen-Dollar-Ziel

Ein ebenso entscheidendes und voraussichtlich höchst umstrittenes Thema wird die Klimafinanzierung sein. Das langjährige Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und -anpassung in Entwicklungsländern bereitzustellen, wurde erst mit Verspätung erreicht und gilt ohnehin als völlig unzureichend. Auf der COP30 muss ein neues, weitaus höheres Finanzierungsziel verabschiedet werden: das „New Collective Quantified Goal on Climate Finance“ (NCQG). Dieses neue Ziel soll ab 2025 gelten und den tatsächlichen Bedürfnissen der Entwicklungsländer gerecht werden.

Die Debatte wird sich nicht nur um die Höhe der Summe drehen, die Schätzungen zufolge im Billionen-Dollar-Bereich liegen muss, sondern auch um die Modalitäten. Wer zahlt ein? Nur die traditionellen Industrieländer oder auch wirtschaftlich starke Schwellenländer wie China? Wie wird das Geld aufgeteilt zwischen Maßnahmen zur Emissionsminderung (Mitigation) und zur Anpassung an bereits unvermeidbare Klimafolgen (Adaptation)? Und in welcher Form wird die Unterstützung geleistet – als Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, oder als Kredite, die die Schuldenlast der ärmsten Länder weiter erhöhen könnten? Die Verhandlungen über das NCQG werden ein Gradmesser für das Vertrauen und die Solidarität zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden sein. Ein Scheitern in diesem Punkt würde die Umsetzung der neuen, ehrgeizigen NDCs in vielen Teilen der Welt unmöglich machen und das gesamte Pariser Abkommen gefährden.

Der Amazonas als Bühne: Biodiversität und indigene Rechte im Zentrum

Die Entscheidung, die COP30 in Belém auszurichten, war ein starkes politisches Signal der brasilianischen Regierung unter Präsident Lula da Silva. Der Schutz des Amazonas-Regenwaldes, des größten tropischen Waldes der Welt, rückt damit ins Zentrum der globalen Aufmerksamkeit. Dies bietet die einmalige Chance, die untrennbare Verbindung zwischen Klimaschutz, dem Schutz der biologischen Vielfalt und den Rechten indigener Völker zu betonen. Der Amazonas ist nicht nur ein gigantischer Kohlenstoffspeicher, dessen Zerstörung katastrophale Folgen für das Weltklima hätte; er ist auch Heimat für einen unschätzbaren Reichtum an Arten und für Hunderte von indigenen Gemeinschaften, die seit Jahrhunderten im Einklang mit der Natur leben.

Wir können daher erwarten, dass auf der COP30 verstärkt über naturbasierte Lösungen (Nature-based Solutions) diskutiert wird. Dazu gehören der Stopp der Entwaldung, die Wiederaufforstung degradierter Flächen und nachhaltige Landnutzungspraktiken. Ein zentrales Ergebnis könnte die Stärkung von Finanzmechanismen sein, die Länder und lokale Gemeinschaften für den Schutz ihrer Wälder belohnen. Es wird entscheidend sein, dass die Stimmen der indigenen Völker, die oft die effektivsten Hüter der Wälder sind, gehört und ihre Rechte in allen Beschlüssen verankert werden. Die Geschichte des Amazonas ist eine Geschichte von Ausbeutung, aber auch von Widerstand und Resilienz. Die COP30 könnte ein Kapitel aufschlagen, in dem die Welt anerkennt, dass Klimagerechtigkeit ohne den Schutz der Natur und die Achtung der Rechte ihrer traditionellen Bewohner nicht möglich ist.

Die globale Bestandsaufnahme und ihre konkreten Konsequenzen

Die COP28 in Dubai schloss mit der Verabschiedung der Ergebnisse der ersten globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake). Dieses Dokument ist im Grunde der erste umfassende „Gesundheitscheck“ des Planeten im Rahmen des Pariser Abkommens. Das Ergebnis war ernüchternd: Die Weltgemeinschaft ist in allen Bereichen – von der Emissionsreduktion über die Anpassung bis hin zur Finanzierung – massiv vom Kurs abgekommen. Die Bestandsaufnahme formulierte jedoch auch klare Handlungsempfehlungen, darunter die „Abkehr von fossilen Brennstoffen in den Energiesystemen“.

Die COP30 ist nun der Ort, an dem diese Empfehlungen in konkrete Politik umgesetzt werden müssen. Die neuen NDCs sind die direkte Antwort der Länder auf die Ergebnisse des Stocktakes. Man wird genau beobachten, ob die Nationen die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die politischen Signale aus Dubai in ihre nationalen Pläne integrieren. Ein zentrales Ergebnis der COP30 muss daher ein klarer Mechanismus sein, der sicherstellt, dass die kollektive Ambition der neuen NDCs die im Stocktake identifizierte Lücke schließt. Es geht darum, einen Prozess zu etablieren, der Rechenschaftspflicht und kontinuierliche Verbesserung sicherstellt, damit die globale Bestandsaufnahme nicht nur ein Bericht bleibt, sondern zu einem wirksamen Motor für beschleunigten Klimaschutz wird.

Potenzielle Hürden und kontroverse Themen auf dem Weg nach Belém

Der Weg zu einem erfolgreichen Ergebnis in Belém wird steinig sein. Die geopolitische Lage ist angespannt, wirtschaftliche Unsicherheiten belasten viele Länder, und die alten Konfliktlinien in den Klimaverhandlungen bestehen fort. Die Debatte über den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wird erneut im Mittelpunkt stehen. Während viele Nationen einen schnellen und vollständigen Ausstieg fordern, werden öl- und gasproduzierende Länder sowie einige große Schwellenländer auf die Rolle von Übergangsbrennstoffen und Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) pochen.

Ein weiterer Streitpunkt wird die Frage der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ sein. Entwicklungsländer werden darauf bestehen, dass die Industrienationen, die historisch die Hauptverursacher der Klimakrise sind, eine größere Last tragen müssen – sowohl bei der Emissionsreduktion als auch bei der Finanzierung. Die Frage, wie eine gerechte Transformation (Just Transition) gestaltet werden kann, die sicherstellt, dass Arbeitnehmer in fossilen Industrien nicht zurückgelassen werden, wird ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Der Erfolg der COP30 wird davon abhängen, ob es gelingt, Brücken zwischen diesen unterschiedlichen Positionen zu bauen und Kompromisse zu finden, die sowohl ambitioniert als auch fair sind.

Was ein echter Erfolg in Belém bedeuten würde

Ein erfolgreicher Abschluss der COP30 lässt sich nicht allein an einem feierlich unterzeichneten Abschlussdokument messen. Ein echter Erfolg wäre ein Paket von Ergebnissen, das die Welt auf einen glaubwürdigen Pfad zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels bringt. Konkret bedeutet das: Eine neue Runde von NDCs, deren aggregierte Wirkung die Emissionslücke signifikant verkleinert. Ein robustes, faires und transparentes neues Klimafinanzierungsziel im Billionen-Bereich, das Vertrauen schafft und Investitionen in saubere Technologien weltweit ermöglicht. Starke und verbindliche Zusagen zum Schutz der Wälder und Ökosysteme, die die Rechte indigener Gemeinschaften in den Mittelpunkt stellen. Und schließlich ein klares politisches Signal an Investoren, Unternehmen und die Zivilgesellschaft, dass die Ära der fossilen Brennstoffe unumkehrbar zu Ende geht. Die COP30 in Belém hat das Potenzial, als die „Amazonas-COP“ in die Geschichte einzugehen – nicht nur wegen ihres Standortes, sondern weil sie den Moment markierte, in dem die Weltgemeinschaft den Kurs entscheidend korrigierte, um das Überleben unseres Planeten zu sichern.

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